Rückblick: Gute Pädagogik in Risikozeiten – Offene Arbeit unter pandemischen Bedingungen. Wunsch oder Wirklichkeit?

Autorin: Ida Siebenhaar Uni Jena- Letzten November organisierte das Kolleg in Kooperation mit dem ThILLM ein Webinar zu „Gute[r] Pädagogik in Risikozeiten“. Drei Monate später prägt die Pandemie immer noch unseren Alltag. Das Thema lässt uns so schnell nicht los und daher fand am 3. März die zweite Veranstaltung der Reihe statt, diesmal mit dem Referenten Tobias Thiel zur Frage „Offene Arbeit unter pandemischen Bedingungen. Wunsch oder Wirklichkeit?“.

Was ist offene Arbeit überhaupt? Als erstes fallen einem hier sicherlich offene Räume ein und Kinder, die von einem Zimmer ins Nächste wechseln und selbst bestimmen, wo sie sich aufhalten und was sie tun. Zur Einhaltung des Hygienekonzepts sind die Kita-Türen nun geschlossen. Die Kinder sind, wenn sie die Kita überhaupt besuchen dürfen, in feste Gruppen eingeteilt und halten sich in ihren Gruppenräumen auf. Die Offenheit wird durch Corona also stark eingegrenzt, doch das heißt nicht, dass offene Arbeit in Pandemiezeiten keine Chance hat. Sie bezieht sich nämlich nicht nur auf die Räume einer Kita, sondern auch auf offene Türen im Kopf. Getragen wird offene Arbeit von einer grundlegenden Haltung. Es geht darum, jedem Kind Möglichkeiten zu bieten, Dinge auszuprobieren, Erfahrungen zu machen und sich zu entwickeln. Kinder sind selbst aktiv, entdecken ihre Welt und gestalten sie mit. Erzieher*innen begleiten und unterstützen sie in diesen Prozessen und treten in eine Rolle als Lernpartner*innen oder Coaches. 

Sie schaffen einen Rahmen, in dem jedes Kind mit seinen individuellen Voraussetzungen und Möglichkeiten die Chance hat, auf seine Weise die Umwelt zu erleben und teilzuhaben. Das Bild eines Rahmens impliziert aber auch Grenzen. Auch sie sind Teil offener Arbeit und gerade in Corona-Zeiten werden Begrenzungen besonders deutlich. 

Durch die Pandemie werden unsere Methoden und Möglichkeiten für offenes Arbeiten definitiv eingeschränkt. Türen werden geschlossen. Doch statt den Blick auf dem Unmöglichen zu belassen, gilt es weiterzuschauen auf das, was geht und auf die Chancen, die sich ergeben. Eine offene Haltung ist nicht an offene Türen gebunden. Hinter ihr stecken die Offenheit für individuelle Entwicklungswege, das Hinterfragen festgefahrener Gewohnheiten und Routinen, das Erweitern des eigenen Blickwinkels und die Aufgeschlossenheit gegenüber neuer Ideen und Wege. Genau das ist jetzt nötig, um neue Möglichkeiten zu finden, die Offenheit auf neue Art und Weise in unserem Handeln sichtbar zu machen. 

Im Rahmen des Seminars haben wir uns auf die Suche begeben. Wie sieht offene Arbeit unter Pandemiebedingungen konkret aus? Trotz Abstand ist es wichtig, Kontakte auf allen Ebenen zu ermöglichen: im Team, mit den Kindern und ihren Eltern, aber auch Begegnungen der Kinder untereinander. Um sich auszutauschen und Transparenz zu schaffen, können beispielsweise Videoaufnahmen und -konferenzen, Glasscheiben oder Briefe eingesetzt werden. In den letzten Monaten konnten schon einige Methoden ausprobiert werden. Nun gilt es, die Erfahrungen im Team zu reflektieren. Dazu gehört es, sich über Erfolge zu freuen, genauso wie sich Schwierigkeiten einzugestehen, Probleme offen zu kommunizieren und sich gegenseitig zu helfen. Teamberatungen und Reflexionsgespräche unterstützen diesen Schritt. Sie sollten daher auch in der Pandemie regelmäßig stattfinden. 

Unsere Suche hat gezeigt, es gibt Möglichkeiten, offene Arbeit auch unter Pandemiebedingung beizubehalten. Wichtig ist der Mut, neue Wege zu gehen. Die aktuelle Situation zeigt uns deutlich, dass wir alle Lernende sind. Sie zwingt uns dazu, aus Routinen auszubrechen. Damit verbunden ist die Chance, Neues auszuprobieren, Erfahrungen zu sammeln und uns weiterzuentwickeln. Mit offenen Augen für Chancen und Möglichkeiten und einer offenen Haltung kann es gelingen, geschlossene Türen gedanklich zu öffnen. So kann offene Arbeit unter pandemischen Bedingungen Wirklichkeit sein.   

Rückblick: Gute Pädagogik in Risikozeiten – Offene Arbeit unter pandemischen Bedingungen. Wunsch oder Wirklichkeit?